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HR für HR: Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz stärken

HR für HR

Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz stärken

Die psychische Gesundheit von HR-Manager:innen wird oft übersehen; obwohl sie zentrale Verantwortung für das Wohl anderer tragen. Der Beitrag beleuchtet, wie emotionale Erschöpfung entsteht, was betriebliches Gesundheitsmanagement wirklich leisten sollte und warum Achtsamkeit am Arbeitsplatz gerade für People-Teams mehr ist als ein Buzzword.

Montagmorgen, kurz nach neun. Noch vor dem ersten Kaffee klopft es an der Tür. Es ist der Kollege aus dem Engineering-Team, eigentlich eher der Ruhige. Heute wirkt er aufgewühlt. „Nur fünf Minuten“, sagt er. 
Wir reden fast eine Stunde. Über Druck. Über Nächte ohne Schlaf. Über die neue Führungskraft, die Deadlines setzt, ohne die Realität im Blick zu haben. Ich nicke viel, frage wenig. Am Ende sagt er: „Ich weiß nicht, wie lange ich das noch durchhalte.“ 

Zwei Stunden später sitze ich mit genau dieser Führungskraft im Strategie-Call. Thema: Performance. „Irgendwas stimmt mit seinem Engagement nicht mehr“, sagt er. Ich solle bitte mal mit ihm reden. 

Ich schaue auf meinen Bildschirm, sehe beide Gesprächsprotokolle. Und merke: Ich bin gerade gleichzeitig Beichtstuhl, Datenlieferant und Dolmetscherin für zwei Seiten, die sich systematisch verfehlen. 

Das ist kein Einzelfall. Das ist HR.

Und es eskaliert, wenn du das Gefühl bekommst, dass du zwar für alle anderen verantwortlich bist – aber niemand für dich. 

Mentale Erschöpfung von HR

In Start-ups, Scale-ups oder Tech-Consultancies mit 50 bis 200 Mitarbeitenden sieht HR oft glamouröser aus, als sie ist. Es klingt modern: Recruiting, Employer Branding, Culture Building. Aber die Realität ist viel roher. In der Personalvermittlung für DevOps-, Software Engineers- und IT-Security-Talente stehst du zwischen ambitionierten Hiring-Zielen, wachstumsgetriebenen CEOs und echten menschlichen Sorgen. 
Du bist erste Anlaufstelle für emotionale Überforderung – aber auch diejenige, die die Entscheidung trifft, wenn es „nicht mehr passt“. Du darfst gleichzeitig Verständnis zeigen und Konsequenzen einleiten. Zuhören, dokumentieren, durchsetzen. Alles in einem Atemzug.

2 Unbequeme Wahrheiten
zur mentalen Belastung in HR

HR ist kein emotionaler Mülleimer, aber wird oft genauso behandelt

Wenn jemand kündigt, weint, sich beschwert oder eskaliert – landet es bei HR. Aber wohin geht eigentlich HR mit diesem ganzen Ballast?
 
Die Wahrheit ist: Viele HR-Manager:innen tragen tagelang emotionale Ladung mit sich herum, ohne sie abladen zu können. Nicht, weil sie es nicht wollen – sondern weil es keinen Raum dafür gibt.

Der Mythos: „HR kann das ab.“
Die Realität: Niemand kann das dauerhaft.  

Wer keine HR-Struktur baut, züchtet emotionale Feuerwehrleute

In Tech-Startups herrscht Tempo.
Entscheidungen werden spontan getroffen, Rollen ändern sich wöchentlich, Prioritäten täglich. Für Produkt und Sales mag das funktionieren. Für HR ist das toxisch.

Warum? Weil HR-Struktur braucht, um sicher zu handeln – juristisch, emotional, menschlich. Aber stattdessen landen nicht dokumentierte Entscheidungen, emotionale Bruchstellen und „Mach einfach mal“-Mentalität bei HR.

Das ist kein agiles Arbeiten. Das ist Delegation durch Desorganisation. Und sie trifft HR am härtesten. Die emotionale Erschöpfung von HR zeigt sich oft erst spät – wenn längst systemisch etwas schiefläuft. 

Warum HR nicht überfordert ist – sondern im Stich gelassen wird

Die emotionale Erschöpfung von HR hat nichts mit persönlicher Überforderung zu tun. Sie ist das Resultat klarer unternehmerischer Versäumnisse. Keine “Ambiguität”, kein “Soft Skill Gap”, sondern ein strukturelles Wegschauen. 

Recruiting. Offboarding. Culture. Legal. Konfliktmoderation. Alles landet bei denselben 1–2 Personen, oft ohne HR-Ausbildung, oft ohne Führung. Der Erwartungskatalog ist riesig – aber das Team klein, das Budget begrenzt, die Anerkennung minimal. Das ist kein Missverständnis, das ist ein Managementfehler.

Wie viele Tage bis zur Einstellung? Wie viele Kündigungen im Quartal? Wer so misst, hat HR nie verstanden. Was fehlt: KPIs für emotionale Arbeit. Für Konfliktintensität. Für psychische Sicherheit. Für strukturelle Überforderung. Solange diese Kennzahlen fehlen, bleibt das wahre Arbeitspensum unsichtbar – und HR wird weiter überlastet, ohne dass es jemand merkt.

Viele Gründer:innen und Führungsteams reden über “Culture Fit” und “People First”, solange es gut klingt. Aber echte Verantwortung? Fehlanzeige. HR sitzt in Meetings als Beifahrer, darf ausführen, aber nicht mitgestalten. Ohne C-Level-Repräsentanz bleibt jede Diskussion über mentale Belastung nur ein Randthema – bestenfalls.

Betriebliches Gesundheitsmanagement für HR:
5 Maßnahmen, die wirklich helfen

Viele Unternehmen investieren in Wellbeing-Programme; doch die mentale Gesundheit von HR selbst bleibt oft unberücksichtigt. Dabei braucht gerade dieses Team psychologische Sicherheit und Klarheit in der Rolle. 

Mentale Gesundheit von HR-Manager:innen ist kein Luxus – sie ist überfällig

Wenn HR ausbrennt, brennt früher oder später das ganze Unternehmen. Wer die emotionale Erschöpfung von HR ignoriert, riskiert stille Kündigungen – lange bevor jemand das Wort ausspricht. Wer will, dass People-Arbeit nachhaltig, empathisch und wirksam bleibt, muss aufhören, sie als Selbstläufer zu behandeln. Was es braucht, ist keine neue HR-Methode. Es braucht endlich Respekt, Ressourcen – und echte Rückendeckung.