Optimyze

Die “Inclusion Illusion” am Arbeitsplatz 

Diversity

Die Inclusion Illusion am Arbeitsplatz

Erfahre, woran du erkennst, ob ein Unternehmen Diversity und Inklusion wirklich lebt oder nur vortäuscht. Konkrete Tipps für Kandidat:innen und Best Practices für Arbeitgeber, um echte Vielfalt im Job sichtbar zu machen.

Was bedeutet Inklusion – und wie unterscheidet sie sich von Diversity? 

Im IT-Dschungel wird viel von Vielfalt gesprochen. Große Raubkatzen, und ebenso Unternehmen, tarnen sich gern mit bunten Farben. „Diversity“ prangt auf Karriereseiten, Mission-Statements und LinkedIn-Posts. Doch steckt dahinter echte Inklusion oder bloß eine Illusion?  

Viele Firmen verwechseln Diversität mit Inklusion: Diversität bedeutet Vielfalt der Mitarbeitenden (z. B. in Bezug auf Alter, Herkunft, Geschlecht), während Inklusion meint, dass sich alle im Unternehmen eingebunden und wertgeschätzt fühlen. Ein bekanntes Sprichwort bringt es auf den Punkt: Diversität ist, zur Party eingeladen zu sein; Inklusion ist, auch zum Tanz aufgefordert zu werden.    

Ohne Inklusion bleibt Diversität ein Schaufenster. Tatsächlich zeigen Umfragen eine eklatante Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Das Ergebnis? Eine Inclusion Illusion – nach außen Vielfalt betonen, intern aber wenig ändern.  

Was macht einen inklusiven Arbeitsplatz aus? 

Wie sieht nun ein wirklich inklusiver Arbeitsplatz aus? Es geht darum, Chancengleichheit und Zugehörigkeit für alle zu schaffen, unabhängig von Hintergrund, Identität oder Fähigkeiten. 

In einem inklusiven Unternehmen fühlen sich Mitarbeiter:innen respektiert und gehört. Konkret bedeutet das zum Beispiel: Gleichberechtigte Teilhabe an Projekten, faire Beförderungschancen und eine Kultur, in der Unterschiede als Bereicherung gelten statt als Barriere. Eine inklusive Unternehmenskultur zeigt sich in alltäglichen Details – von der Sprache in Meetings (niemand wird ständig unterbrochen) bis zu Richtlinien, die verschiedene Lebensentwürfe berücksichtigen (etwa flexible Arbeitszeiten oder barrierefreie Büros).  

Laut einer BCG-Analyse gibt es vier Schlüsselfaktoren, die Inklusion greifbar machen: flexible Arbeitsbedingungen und Entwicklungsangebote für alle, sichtbare Unterstützung durch das Top-Management, psychologische Sicherheit im direkten Teamumfeld sowie faire und transparente Karrierewege für alle Mitarbeiter:innen. 
Ein inklusives Unternehmen erkennt, dass Inklusion kein einmaliges Projekt ist, sondern ein dauerhafter Prozess, der strukturell verankert sein muss. 

Warum ist echte Inklusion (und nicht nur Diversity) so wichtig? 

Inklusive Teams sind innovativer und produktiver. Wir berichten in unserem blog post “Von Der Krone Bis Zu Den Wurzeln: Eine Inklusive Unternehmenskultur Schaffen, Die Frauen In Der IT-Branche Stärkt” dass Unternehmen mit hoher Geschlechter-und Kulturenvielfalt in der Führung erhöhen ihre Erfolgschancen um bis zu 25–36 %.  

Inklusion steigert also nicht nur das Wohlbefinden, sondern auch den Unternehmenserfolg. Wer Vielfalt ohne Inklusion betreibt, riskiert dagegen Fluktuation, ungenutztes Potenzial und ein Imageproblem. 

Diversity am Arbeitsplatz: Wann wird Inklusion zur Illusion? 

Die “Inclusion Illusion” beschreibt Unternehmen, die zwar Vielfalt kommunizieren, aber keine echte Inklusion leben. Sie stellen diverse Talente ein, ohne ihnen gleiche Chancen, Mitspracherecht oder Entwicklungsperspektiven zu bieten. Diversität ist also nur dann ein Mehrwert, wenn auch Inklusion umgesetzt wird, durch sichtbare Maßnahmen, Teilhabe und eine Kultur der Gleichberechtigung. 

Glaubwürdige Diversity-Strategien beinhalten messbare Ziele (z. B. 30 % Frauenanteil in Tech-Führungspositionen bis 2025), bias-freie Recruitingprozesse, Schulungen zu Unconscious Bias und Inclusive Leadership. Weiterhin wichtig: Mentoring- und Sponsorship-Programme für unterrepräsentierte Gruppen, ERGs mit Mandat und Budget, sowie Feedbacksysteme zur kontinuierlichen Kulturentwicklung. Unternehmen, die Inklusion ernst nehmen, etablieren klare Policies und überprüfen regelmäßig Fortschritt und Herausforderungen. Mehr dazu findest du in unseren Artikeln über inklusive Arbeitsumgebungen und Affinity Bias

Woran erkennst du eine inklusive Unternehmenskultur? 

Eine inklusive Kultur zeigt sich in Sprache, Verhalten und Struktur. Gibt es diverse Führungsteams, offene Feedbackkultur und Programme für unterrepräsentierte Gruppen? Werden z. B. Employee Resource Groups (ERGs) aktiv unterstützt? Achtung bei Diskrepanzen zwischen außen kommuniziertem Image und internen Erfahrungen (z. B. Kununu-Bewertungen). Auch wichtig: Werden Vielfalt und Zugehörigkeit nur punktuell oder systematisch gefördert? Inklusive Unternehmen setzen auf Transparenz, definierte Ziele, gelebte Werte und kontinuierliches Lernen. 

8 Strategien, um ein inklusives Arbeitsumfeld im Bewerbungsprozess zu erkennen 

Lies zwischen den Zeilen des Jobangebots. Wird eine diverse Ansprache verwendet? Achte auf Formulierungen: Begriffe wie „junges dynamisches Team“ oder „Muttersprache Deutsch erforderlich“ können auf unausgesprochene Bias hindeuten. Positiv ist, wenn das Unternehmen in der Anzeige aktiv Vielfalt begrüßt („Wir fördern Diversity und freuen uns über Bewerbungen von Menschen aller Hintergründe“). 

Hat das Unternehmen dort ein Statement zu Diversity & Inclusion? Werden vielleicht sogar Zahlen oder Ziele genannt (z. B. Anteil weiblicher Führungskräfte)? Schau dir außerdem die Teamfotos und Vorstellung der Führungskräfte an, soweit verfügbar: Spiegelt sich hier Vielfalt wider oder sind alle im Managementklub identische Typen im Anzug? Natürlich sind Bilder nicht alles, aber sie vermitteln einen ersten Eindruck der gelebten Kultur. Wenn ein Unternehmen in Text und Bild glaubwürdig vermittelt, dass Vielfalt Teil der Identität ist, stehen die Chancen gut, dass es nicht nur bei Worten bleibt. 

Es lohnt sich auch, zu googeln, ob es eventuell Negativschlagzeilen gab (Stichwort Diskriminierungsprozesse, Shitstorms wegen Diversity-Kampagnen). Auch das gehört zum Bild: Wie geht die Firma mit Kritik um? Defensive Rechtfertigung oder konstruktives Dazulernen? Ein wirklich inklusives Unternehmen wird sich durch Feedback verbessern wollen, nicht Mauern hochziehen 

Ein weiteres Puzzlestück: Hat der Arbeitgeber sich öffentlich zu Diversity bekannt? Zum Beispiel durch Unterzeichnung der Charta der Vielfalt (in Deutschland ein häufiger Schritt) oder durch Mitgliedschaften in Initiativen. Auch Awards oder Gütesiegel (Top-Arbeitgeber für Diversity etc.) können ein Indiz sein, dass man das Thema ernst nimmt. Solche Verpflichtungen allein sind noch keine Garantie für gelebte Inklusion, aber sie zeigen den Willen, sich messen zu lassen. Du kannst auf der Unternehmenswebseite oder in Presseartikeln danach suchen. Ein Arbeitgeber, der transparent über Ziele und Fortschritte berichtet (z. B. „Wir veröffentlichen jährlich unseren Diversity-Bericht“), offenbart damit eine gewisse Reife im Umgang mit dem Thema. 

Postet die Firma über Mitarbeiter-Events, Feiert Diversity-Events (z. B. den Pride Month) oder präsentiert diverse Teams in Beiträgen? Das kann zeigen, wie wichtig dem Unternehmen das Thema intern ist. Ebenso lohnend: Erfahrungsberichten durchsuchen. Was sagen aktuelle oder ehemalige Mitarbeiter:innen über die Kultur? Wird Fairness und Gleichberechtigung erwähnt? Ist das Image konsistent mit Mitarbeitererfahrungen? 

Natürlich sind Online-Bewertungen subjektiv, aber häufen sich Kommentare à la „hier herrscht Old-Boys-Club-Mentalität“, ist Vorsicht geboten. Umgekehrt: Berichte über ein offenes, tolerantes Betriebsklima sind ein gutes Zeichen. 

Du bist zum Vorstellungsgespräch eingeladen – super! Achte nun darauf, wer dir gegenübersitzt. Triffst du im Laufe des Prozesses ausschließlich auf ein homogenes Panel (z. B. nur Männer derselben Altersgruppe und Herkunft)? Oder erlebst du verschiedene Gesprächspartner:innen – jemanden aus einem anderen Fachbereich, verschiedene Altersklassen?  

Ein vielfältiges Interview-Team signalisiert, dass das Unternehmen Wert auf unterschiedliche Perspektiven legt. Es zeigt auch, dass man es ernst meint und nicht alle Entscheidungsmacht bei „Klone“ im selben Raster liegt. Natürlich hängt die Interview-Besetzung von vielen Faktoren ab, aber Vielfalt an dieser Stelle ist ein Pluspunkt auf der Inklusions-Checkliste. 

Neben wer dich interviewt, zählt auch wie. Wirst du respektvoll behandelt? Nimmt man sich Zeit für dich, ist man pünktlich und gut vorbereitet? Das mag selbstverständlich klingen, hat aber mit Inklusion zu tun – es zeigt Wertschätzung.  

Welche Benefits stellt das Unternehmen in Aussicht? Finden sich darunter Dinge, die auf Inklusion hindeuten z. B. flexible Arbeitszeiten, Remote-Work-Option, Kinderbetreuungszuschuss, zusätzliche Urlaubstage für ehrenamtliches Engagement oder Sabbaticals?  

Solche Leistungen zeigen, dass die Firma unterschiedliche Lebensmodelle unterstützt. Auch Weiterbildungsangebote für alle Mitarbeitenden, Programme zur Gesundheitsförderung oder explizite Maßnahmen für Diversity (z. B. Trainings zu interkultureller Kompetenz) sind Pluspunkte. Sie signalisieren: Hier wird in die Entwicklung aller investiert, nicht nur der klassischen „High Potentials“.  

Versuche herauszufinden, ob es im Unternehmen bereits Employee Networks oder ähnliches gibt. Große Unternehmen haben oft Diversity-Beauftragte oder ERGs, aber auch Mittelständler können z. B. eine „Women in Tech“-Gruppe oder regelmäßige Diversity-Stammtische haben.  

Hinweise darauf findest du eventuell auf der Website (Karriereseite, News, Pressemitteilungen) oder in Social-Media-Posts des Unternehmens. Im Zweifel kannst du auch im Gespräch fragen: „Gibt es bei Ihnen Austauschformate zu Diversity & Inclusion?“ oder „Engagiert sich das Unternehmen in Initiativen (z. B. Girls Day, Refugee-Praktika etc.)?“. Wenn hier Begeisterung und Beispiele kommen – super. Wenn Leere in den Augen entsteht – naja. Eine Firma, die bereits interne Communities und Programme hat, ist meist einen Schritt weiter und bietet dir voraussichtlich ein unterstützendes Umfeld. 

Last but not least: Höre auf dein Gefühl. Jede objektive Checkliste hat Grenzen. Wenn du das Büro betrittst (oder den Video-Call), wie ist die Stimmung? Begegnen dir die Menschen freundlich und aufgeschlossen? Könntest du dir vorstellen, du selbst zu sein in diesem Umfeld?  

Inklusion spürt man oft intuitiv daran, wie willkommen man sich bereits als Kandidat:in fühlt. Natürlich ist jedes Vorstellungsgespräch eine Ausnahmesituation, aber wenn du mehrere solcher Hinweise zusammennimmst, ergibt sich ein Bild.